Prinzessin Turandot

Ist es wirklich so furchtbar, wenn eine Frau nicht heiraten will? Schon gar nicht jemanden, den ihr der Vater ausgesucht hat? Freiheit findet Prinzessin Turandot jedenfalls deutlich attraktiver als eine Ehe. Gar nicht so einfach in einer Welt, in der so etwas besonders für Prinzessinnen nicht vorgesehen ist. Verständnis für Turandots Lage zeigt Nora Schumachers amüsante Inszenierung im Theater für Kinder.

Freie Entscheidung für die Ehe (Ensemble von „Prinzessin Turandot“) – Foto: Patrick Sobottka

Die Kritik

Ramin sitzt schon gefangen im Turm. Den Prinzen von Perla hatte Kaiser Altun Chan als Ehemann für seine Tochter Turandot vorgesehen. Aber die war ganz anderer Meinung und ließ ihn einsperren. Heiraten bedeutet für sie das Ende ihrer Freiheit, zumal die jeweiligen Bewerber immer davon sprechen, sie „besitzen“ zu wollen. „Ich hasse Männer“, erklärt Turandot entschieden (Natascha Dwulecki). „Ich will leben.“ 

Ein eindeutiges Statement steht also am Anfang von „Prinzessin Turandot“. Barbara Hass hat die Märchenoper aus der orientalischen Sammlung „Tausendundein Tag“  auf eine leicht verständliche Handlung heruntergebrochen, Marius Adam hat die Musik von Giacomo Puccini für ein dreiköpfiges Ensemble mit Klavier, Flöte und Schlagwerk (Musikalische Leitung im Wechsel: Makiko Eguchi/ Myounghyun Kim) sensibel bearbeitet. 

„Turandot“, 1926 in Mailand uraufgeführt, präsentiert sich in dieser reduzierten Form weiterhin als großartige Oper mit starken Sänger:innen. Nur ein Beispiel: Tenor Berus Komarschela in der Rolle des fremden Prinzen Calaf singt „Nessun dorma“, die wohl berühmteste Arie der Oper  (hier in der deutschen Fassung), mit einer Kraft und Reinheit, dass man um die Mauern des Theaters fürchten muss. 

Durch Turandots massives Ehe-Nein herrscht  am Kaiserhof ziemlicher Stress.

Das fantasievolle, dennoch mit wenigen verschiebbaren Elementen sparsame Bühnenbild (Katrin Reimers) versetzt die Handlung an den chinesischen Hof. Dazu tragen auch die Drachenköpfe im Hintergrund bei, ebenso wie die liebevoll und aufwendig gestalteten  farbigen Kostüme (Kerstin Feuerheim). Der schöne Schein trügt jedoch, denn am Kaiserhof herrscht durch Turandot massives Ehe-Nein ziemlicher Stress. Nora Schumachers Inszenierung stellt sich aber nicht auf die Seite derjenigen, die Turandots Haltung verurteilen, zumal die Prinzessin ja demjenigen eine Chance zur Heirat gibt, der drei ihrer Rätsel spontan zu lösen vermag. So spricht zwar  der Vater von ihr als „grausame Tochter“, doch Marcus Prell gibt ihn als sympathischen Mann, der bei Turandots Zicken nur müde abwinkt, aber beinahe belustigt auf ihre Bedingungen eingeht. Mit Berus Komarschela als Calaf, Prinz von Aslatan, ist zudem ein potentieller Ehekandidat besetzt, der total auf Turandots Wellenlänge zu sein scheint: Er versteht ihren Freiheitsdrang und will sie gar nicht besitzen, sondern ist tatsächlich in diese starke, stolze Person verliebt. Nachdem er locker ihre Rätsel gelöst hat, gibt er ihr die Chance zur freien Entscheidung, indem er ihr seinerseits ein Rätsel aufgibt. Löst sie es, muss sie ihn nicht heiraten. Ihrer Freundin Liù, bei Lilia-Fruz Bulhakova  eine zarte, loyale Person, vertraut er die Lösung an, Liù muss entscheiden, ob sie sie an Turandot weitergibt, damit diese ihren Stolz erhalten kann.

Ausgesprochen lustig gelingt die Inszenierung der drei Minister Ping (Leonhard Geiger), Pang (Christian Richard Bauer) und Pong (Cornelius Lewenberg): Mit synchronen Bewegungen kommentieren sie die Handlung, fallen übereinander wie die Clowns, korrigieren sich gegenseitig beim Auf- oder Abgehen, ohne albern zu wirken.  Kurzweilig und voll wunderbarer Musik vergehen diese 90 Minuten – und das „Nessun dorma“ bleibt noch für die nächsten Tage im Ohr.

Weitere Informationen unter: https://alleetheater.de/events/prinzessin-turandot/

INFORMATIONEN FÜR LEHRKRÄFTE

Inhaltliche Schwerpunkte
  • das Recht auf freie Entscheidung
  • das Hinterfragen überkommener Konventionen
Formale SchwerpunKte
  • ab 6 Jahre, ab Klasse 1
  • empfohlen für den Musik- und Deutschunterricht
Vorschlag für Altersgruppe/Jahrgangsstufe
  • ab 6 Jahre, ab Klasse 1
Zum Inhalt

Kaiser Altun Chan überrascht seine Tochter Prinzessin Turandot mit der Idee, Ramin, den Prinzen von Perla, zu heiraten. Turandot lehnt das ab, sie will überhaupt nicht heiraten. Männer findet sie sowieso doof, ja sie hasst sie sogar. Viel lieber will sie frei sein und ein selbstbestimmtes Leben führen. Das passt natürlich überhaupt nicht in das, was man Anfang des letzten Jahrhunderts von Frauen und besonders von Prinzessinnen erwartete. Also muss sich Turandot etwas ausdenken, damit sie ihre Unabhängigkeit behält. Sie schlägt vor, dass nur der Mann, der die drei von ihr gestellten schwierigen Rätsel spontan löst, ihr Ehemann werden kann. Tatsächlich erscheint schon bald ein sympathischer junger Prinz, dessen Namen und Herkunft niemand kennt. Er verliebt sich in die starke, eigenwillige Turandot und löst ihre drei Rätsel. Obwohl sie ihn jetzt heiraten müsste, gibt der Prinz ihr noch einmal die Chance zur freien Entscheidung. Sie soll innerhalb von einem Tag seine Herkunft, seinen Namen und den seines Vaters herausfinden. Schafft sie es, ist sie frei. Turandot sendet Boten aus, um das Rätsel zu lösen, aber umsonst. Allerdings vertraut der Prinz ihrer Freundin Liù  alle drei Namen an mit dem Versprechen, dass sie sie für sich behält. Als Liù die Not Turandots sieht, wird sie schwach und verrät die Lösung, bittet sie aber, das am nächsten Tag nicht auszunutzen. Doch Turandot will ihren Stolz behalten. Zwei Namen nennt sie ihm und missbraucht so das Vertrauen ihrer Freundin. Doch als sie den Namen des Prinzen nennen muss, sagt sie statt dessen „Liebe“, denn eigentlich hatte sie sich schon lange in diesen Mann verliebt, der so anders, so viel verständnis- und respektvoller war als alle anderen. Freiwillig entscheidet sie sich für Calaf, Prinz von Aslatan. 

   

Mögliche VorbereitungeN

Zur Vor- und Nachbereitung können Lehrkräfte unter theaterpaedagogik@alleetheater.de eine sehr ausführliche Materialmappe zu dieser Produktion anfordern. Die Mappe bietet u.a.Folgendes an:

  • eine Vorbereitung auf den Theaterbesuch (Was darf man? Was darf man nicht?)
  • eine ausführliche Inhaltsangabe zur „Prinzessin Turandot“
  • Informationen zum Komponisten Giacomo Puccini
  • Informationen zur Musik
  • Informationen zu der Produktion im Theater für Kinder
  • theaterpädagogische Übungen
  • Rollenspiele

Arbeitsblätter mit verschiedenen Aufgaben

Feedbackbögen

Noten zu „Nessun Dorma“

 

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