Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete

Was macht man mit einem entflohenen Räuber? Am besten man schickt ihn auf den Mond – das ist jedenfalls die Idee in der mitreißenden Produktion des Schmidt Theaters.

Der Räuber Hotzenplotz (Götz Fuhrmann) – Foto: Morris Mac Matzen

DIE KRITIK

„Kinder, seid ihr alle da?“ „Jaaaaaaaaaa!!!“ Ohrenbetäubend schallt es zurück zur Bühne. Die gute alten Frage des Kasperls, sie funktioniert auch noch in digital geprägten Zeiten.  Mit ihr beginnt „Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete“, und tatsächlich haben sie im Schmidt Theater zunächst ein echtes Kasperletheater mit Handpuppen auf die Bühne gestellt. Aber die Darsteller:innen aus Fleisch und Blut kommen auch schon von beiden Seiten: Kasperl mit der roten Bommelmütze (Joshua Hien), sein Kumpel Seppel (Benjamin Zobrys), die Großmutter (Maike Katrin Merkel), der Wachtmeister Dimpfelmoser (Benjamin Beckmann) und schließlich er, um den sich hier alles dreht: der Räuber Hotzenplotz (Götz Fuhrmann).  „Wer ist bekannt bei Groß und Klein? Der Hotzenplotz“, singen sie. Eine eingängige, schmissige Melodie, die sofort zum Mitklatschen einlädt und das junge Publikum im Handumdrehen für sich gewinnt. Die Lieder von Martin Lingnau (Musik) und Wolfgang Adenberg (Songtexte) machen Kindern und Erwachsenen gleichermaßen Spaß und sie strukturieren in den folgenden knappen zwei Stunden (inklusive Pause) die Geschichte um den Räuber Hotzenplotz in 16 Kapitel. In Schönschrift stehen deren Nummer und Überschrift jeweils über den einzelnen Szenen.

Es regnet Seifenblasen von Balkon und Bühne.

Das Bühnenbild (Nicola Kruse, Heiko de Boer, Sabine Heeß) dockt an das Kasperletheater an: Vor einem blauen Vorhang, sichtbar aufgehängt an einem Drahtseil, stehen schematisch ausgestanzte Tannen auf Rollen. Bei Bedarf können sie verschoben oder gedreht werden, so dass die aufklappbaren Räume auf der Rückseite sichtbar werden: das Spritzenhaus, in dem Dimpfelmoser gelangweilt die Zelle des Räubers bewacht, oder die Küche der Großmutter mit den liebevoll gemalten Töpfen und Pfannen an der Wand. 

Hotzenplotz’ Traum von einem sorglosen Leben gestaltet das Licht (Christina Gallisch, Dirk Wierwille, Jörg Peters) durch wandernde Sterne, es regnet Seifenblasen von Balkon und Bühne, und auch die haben bis heute ihren Zauber nicht verloren. Ganz verzückt versuchen etliche Kinder sie zu ergreifen.

Die Welt ist kompliziert genug.

Es sind diese Momente, die vielen Spielideen (Regie: CarolinSpieß) und die Songs mit Ohrwurmcharakter, die die Vorstellung  so sehenswert machen. Denn die Geschichte (Buch: Lingnau und Adenberg) an sich ist relativ dünn: Der Räuber Hotzenplotz überlistet den etwas beschränkten Wachtmeister und bricht aus der Zelle aus, isst die gesamte für Kasperl und Seppel bestimmte Suppe der Großmutter auf und flüchtet in den Wald. Kasperl und Seppel ersinnen einen Plan und schaffen es, den Räuber wieder hinter Schloss und Riegel zu bringen. Egal – die Welt ist kompliziert genug. Da ist es ganz wunderbar, sich auch als Erwachsener dieser liebevoll erzählten, mitreißenden Vorstellung hinzugeben. Am Ende ist nämlich alles in Ordnung: das Böse besiegt (obwohl Hotzenplotz zwar ein bisschen bärbeißig, aber nicht beängstigend ist) und die ersehnte Schwammerlsuppe frisch gekocht. Was will man mehr? 

https://www.tivoli.de/programm-tickets/der-raeuber-hotzenplotz-und-die-mondrakete/?

INFORMATIONEN FÜR LEHRKRÄFTE

Inhaltliche Schwerpunkte
  • Sieg über das Böse
  • Ideenreiche Kinder vs tollpatschige Auroritätspersonen
  • Wiederherstellung der Harmonie
Formale Schwerpunkte
  • Einblendung von Kapitelüberschriften und -nummern
  • Songs entsprechend der jeweiligen Kapitel
  • Durchbrechen der Vierten Wand
Vorschlag für Altersgruppe/Jahrgangsstufen

ab 4 Jahre; 

auch geeignet ab Jahrgangsstufe 10 für Musik- und Theaterunterricht

Zum Inhalt

Kasperl und Seppel haben geschafft, den Räuber Hotzenplotz hinter Schloss und Riegel zu bringen. Nun sitzt er im Gefängnis, genauer gesagt im Spritzenhaus der Feuerwehr, denn ein richtiges Gefängnis gibt es nicht. Nur eine einzige Zelle, und die wird vom Wachtmeister Dimpfelmoser bewacht. Aber das ist furchtbar langweilig für beide. Da der Wachtmeister zwar nett, aber nicht besonders helle ist, gelingt es Hotzenplotz, ihm die Schlüssel für die Zelle abzuluchsen, sich zu befreien und erneut sein Unwesen zu treiben. Kasperl und Seppel ersinnen daraufhin eine List, wie sie ihn wieder ins Gefängnis bringen können. Aus Pappkartons bauen sie eine Mondrakete, schieben sie in den Wald, in dem sich Hotzenplotz versteckt, und erzählen lauthals von dem vielen Silber, das es auf dem Mond zu holen gibt. Klar, dass Hotzenplotz nichts Eiligeres zu tun hat, als in die Rakete zu steigen. Dass man mit Pappkartons nicht zum Mond fliegen kann, hat er nicht bedacht. So landet er am Ende wieder in seiner alten Zelle im Spritzenhaus und die Welt ist wieder in Ordnung.

Mögliche VorbereitungeN
Für Kita- und Grundschulkinder:

Ottfried Preußlers Geschichte vom Räuber Hotzenplotz vorlesen oder inhaltlich zusammenfassen.

Figuren  (Hotzenplotz, Großmutter, Kasperl, Seppel, Wachtmeister) malen lassen 

Im Gespräch: Was könnte man tun, wenn der Räuber aus dem Gefängnis entflieht? Die Kinder könnten sich weitere Geschichten dazu ausdenken.

Schmidts Tivoli bietet Ausmalbögen und Songtexte zu dieser und anderen Produktionen unter:

https://www.tivoli.de/programm-tickets/kindertheater

Speziell für den Theaterunterricht

Vorbereitung:

Im Theaterunterricht der Oberstufe eignet sich die Inszenierung im Zusammenhang mit Theaterformen/Regiestilen.

  • Brechts episches Theaters vorbereiten (als Hausaufgabe oder über Referat)
  • Diskussion:  Welche Mittel des epischen Theaters können für das Kindertheater verwendet werden? Welche mögliche Wirkung haben sie?
Beobachtungsaufgaben zum Theaterbesuch: 
  • Gestaltung der Bühne
  • Umgang mit der Illusion 
  • Rolle und Funktion der Songs
Nach dem Theaterbesuch:

Besprechung der Beobachtungen. Parallelen und Unterschiede zum epischen Theater herausarbeiten.