Ben Butler

Muss man immer nach dem Gesetz handeln? Und passt Komik zu einer ausweglos erscheinenden Lage? Zu Clifford Deans konzentrierter Inszenierung im English Theatre.

Foto: Stefan Kock

Die Kritik

Das N-Wort steht im Raum. Macht sich breit durch die häufige Wiederholung. Löst Befremden aus. „Negro slave“ (Negersklave) – darf man das überhaupt noch sagen? Man darf. Denn „Ben Butler“, mit dem das English Theatre seine Spielzeit eröffnet, spielt zu Beginn des amerikanischen Bürgerkriegs, genauer 1861. Für die Sklavenhalter im Süden und ihre Armee war das N-Wort selbstverständlich, ebenso für die Soldaten aus dem Norden. Richard Strands Stück basiert auf historischen Fakten, darf also dieses Wort verwenden. Zumal daran die Fallhöhe des Dramas, der Wendepunkt bei den Figuren deutlich wird. In Amerika jedenfalls wurde das Stück zunächst bei seiner Uraufführung 2016 in New Jersey und wenig später auch Off Broadway in New York gefeiert. Nicht anders im English Theatre. 

Clifford Deans Inszenierung konzentriert sich ganz und gar auf die vier Schauspieler, ist reine Charakterstudie, die den im Stück enthaltenen Wortwitz und die verbalen Hakenschläge vor allem der beiden zentralen Figuren, Major General Benjamin Butler (Jonny Magnanti) und Shepard Mallory (Hayden Mampasi), herausarbeitet. Die Sprache ist unaufdringlich ans Amerikanische und den Singsang der Südstaaten angeglichen. Schauplatz ist das Zimmer Butlers in Fort Monroe in Virginia. Zu sehen ist ein realistisches Bühnenbild (Bühne: Mathias Wardeck) mit schweren Holzmöbeln, Bildern von Abraham Lincoln und George Washington sowie Kisten mit der Aufschrift „Major General Benjamin Franklin Butler“, denn Butler, im zivilen Leben Rechtsanwalt, steht dem Fort gerade erst ein paar Tage vor. Und ausgerechnet jetzt sind drei Sklaven entlaufen und bitten im Fort um Asyl. Das Gesetz will es, dass sie ihren Besitzern zurückgegeben, dann aber wahrscheinlich sterben werden. Einer von ihnen bittet darum, Butler seine Forderungen persönlich vorzutragen.  Diese Situation steht am Anfang des Stückes und stürzt Ben Butler in einen Konflikt.

Konflikt zwischen Gesetzestreue und Humanität

Jonny Magnanti zeichnet ihn als älteren Herren mit viel Lebensweisheit. Der Rücken scheint ihn zu plagen, er geht ein bisschen schief mit verschränkten Händen auf dem Rücken. Aber sonst ist er fit. Vor allem im Kopf. Der diensteifrige Lieutenant Kelly, bei Cameron Barclay pflichtbewusst und stramm bis ins Mark, hat es nicht leicht mit ihm . Butler zerpflückt Kellys Worte, will nichts von „demand“ (Forderung) hören, schon gar nicht von einem Sklaven. Wie er später gestehen wird, hat er vorher noch nie einen Afroamerikaner gesehen und vertraut gängigen Vorurteilen. Mit der Begegnung des redegewandten Shepard Mallory ändert sich das allerdings. Hayden Mampasi zeigt dessen Stolz und Selbstbewusstsein. „Die meisten hassen mich, bevor sie mich kennen“, stellt er ungerührt fest. Er ahnt, wenn er Grenzen überschreitet und geht dann sofort zurück in eine Demutshaltung, ohne jedoch seine grundsätzliche Auffassung aufzugeben. Als der bräsige Major Cary (Will Middleton) auftritt, um den Sklaven an seinen Besitzer zurückzugeben, spitzt sich der Konflikt zwischen Gesetzestreue und Humanität zu. 

Ein unterhaltsamer, intelligenter Abend. Zweieinhalb Stunden (Inkl. Pause) können blitzschnell vergehen.

Nähere Informationen unter: https://eth-hamburg.de/2023/06/19/benbutler/

INFORMATIONEN FÜR LEHRKRÄFTE

Inhaltliche Schwerpunkte
  • Rassismus
  • Humanität
  • Gesetzestreue
Formale Schwerpunkte
  • Realismus in Bühnenbild, Kostüm und Spielweise
  • Dialogischer Schlagabtausch
Vorschlag für Altersgruppe/Jahrgangsstufen
  • ab 16/17 Jahre, ab Klasse 11
  • empfohlen für den Englischunterricht
Mögliche VorbereitungeN

Ausführliches Material zur Vorbereitung findet sich unter: http://eth-hamburg.de/wp-content/uploads/2023/08/Study-Guide_Ben-Butler.pdf