Eine Weihnachts-geschichte

Arbeiten, immer nur arbeiten und ganz viel Geld verdienen. Und wo bleibt die Menschlichkeit? Die Freude? Fehlanzeige, jedenfalls bei Ebenezer Scrooge. Da müssen erst drei Geister kommen, um sie ihm wieder zurückzugeben. Davon erzählt Felix Bachmanns herzerwärmende Inszenierung von „Eine Weihnachtsgeschichte“ am St Pauli Theater.  

Scrooge (Peter Neultzing) mit Nicky, dem Geist der Vergangenheit (Ilka Mahrholz) – Foto: Kerstin Schomburg

Die Kritik

Sie huschen direkt aus dem Saal auf die Bühne: die Geister der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Leicht und luftig sehen sie aus mit ihren Wuschel-Perücken und den Chiffon-Umhänge in Gelb, Blau und Grün. „Gespenster lieben Weihnachten“, schmettern sie mit ansteckender Fröhlichkeit. Die brauchen sie auch, denn sie haben es sehr bald mit einem absoluten Griesgram und Weihnachtshasser zu tun: Ebenezer Scrooge (Peter Neutzling) ist ein raffgieriger Geizhals, der jede Art von Mitgefühl und Menschlichkeit verloren hat. Wer so lebt, endet als Schreckgespenst wie sein ehemaliger Partner Jacob Marley (Benjamin Leibbrand, auch in weiteren Rollen). Der düstere Umhang und die schwere Kette um seinen Hals sind Zeichen von Schuld und Strafe (Kostüme: Martina Müller). Von den luftigen Geistern lässt sich Marley überreden, mit ihnen gemeinsam den grantigen Scrooge zu bekehren.

„Spuk, Spuk, Spuk – Spuk-Spaß!“

Ebenezer Scrooge (engl. für Geizhals) ist die zentrale Figur in Charles Dickens’ „Eine Weihnachtsgeschichte“. Die am 19. Dezember 1843 veröffentlichte Erzählung erfreut sich bis heute ungebrochener Beliebtheit als Theaterstück und als Musical. Für das St Pauli Theater haben Cornelius Henne und Felix Bachmann eine auf 70 Minuten verschlankte, stimmige Bühnenfassung geschrieben, Bachmann selbst hat sie inszeniert, unterfüttert durch Live-Musik und wenige, von einem sangesstarken Ensemble performte Songs (Musik und musikalische Leitung: Florian Miro). 

Es ist Nacht. In den Fenstern der scherenschnittartigen Stadt glimmt gelbes Licht, auf einem drehbaren Block ist ein Bett und ein Stapel Goldbarren zu sehen, daneben ein Schreibtisch. (Bühne: Anna Myga Kasten). Hier haust Ebenezer Scrooge. Peter Neutzling knarzt und grantelt, sein gebeugter Gang verrät, dass er nur sitzt und arbeitet. Nacheinander verprellt er kurz vor dem Weihnachtsfest erst seinen Neffen Fred (Nabil Pöhls, auch in weiteren Rollen), die Sammlerin von der Heilsarmee (Ilka Mahrholz, auch in weiteren Rollen) und seinen Angestellten Bob Cratchit (Florian Miro, auch in anderen Rollen). „Ich hasse Weihnachten, und ich hasse arme Leute!“, schimpft er. Dann legt er sich ins Bett, und die Arbeit der Geister beginnt.

„Spuk, Spuk, Spuk, Spuk-Spaß!“ lautet die Losung, der jeden Abschnitt der nun folgenden Zeitreise einleitet.  Zunächst entführt ihn Nicky (Ilka Mahrholz) in die Vergangenheit, und es wird deutlich, wie sehr der erfolgsorientierte Vater Scrooges späteres Leben geprägt hat. Der Geist der Gegenwart (Julika Frieß, auch als Scrooges Freundin Belle) lässt ihn zusehen, wie sein Neffe und Cratchit Weihnachten feiern, der Geist der Zukunft zeigt ihm seine Einsamkeit, denn niemand kommt zu seiner Beerdigung. Neutzlings Scrooge verwandelt sich von Szene zu Szene vom kaltherzigen Egoisten zu einem nachdenklicheren und immer gefühlvolleren Menschen. Sein feines Spiel berührt, nichts an dieser Wandlung wirkt aufgesetzt oder gar kitschig. Wenn Scrooge im Verein mit allen anderen dem Publikum am Ende frohe Weihnachten wünscht und dazu singt, dann kommt es von Herzen. Wer sich bis dahin noch nicht auf Weihnachten gefreut hat, der wird es nach dieser Vorstellung tun.

Weitere Informationen unter: https://www.st-pauli-theater.de/programm/eine-weihnachtsgeschichte-nach-charles-dickens/

INFORMATIONEN FÜR LEHRKRÄFTE

Inhaltliche Schwerpunkte
  • Ursachen und Konsequenzen von Egoismus und Kaltherzigkeit
  • Erkennen eigener Fehler
  • Der Wert von Mitgefühl und Menschlichkeit
Formale SchwerpunKte
  • Übernahme verschiedener Rollen durch eine Schauspielerin/einen Schauspieler
  • Tanz- und Musikeinlagen
Vorschlag für Altersgruppe/Jahrgangsstufe

Ab 5/6 Jahre, ab Klasse 1

Zum Inhalt

Ebenezer Scrooge ist ein Egoist und Geizhals. Er arbeitet eigentlich nur, Freizeit oder ein Fest wie Weihnachten verachtet er. Er hat keine Freunde, verprellt seine Familie und liebt eigentlich nur das Geld, das er in dicken Goldbarren angehäuft hat. Drei Weihnachtsgeister wollen das ändern. Am Heiligabend unternehmen sie mit ihm eine Zeitreise. Die führt zunächst in die Vergangenheit, wo Scrooge sich als Kind und später als jungen erfolgreichen Geschäftsmann sieht. Hier sind die Ursachen für sein aktuelles Verhalten zu finden. Danach geht es in die Gegenwart, und Scrooge sieht, wie andere Menschen Weihnachten feiern. Er erkennt deren Warmherzigkeit, die in krassem Gegensatz zu seinem Leben steht. Zum Schluss werden ihm mit dem Blick in die Zukunft die Konsequenzen seines Handelns gezeigt: Niemand kommt zu seiner Beerdigung, weil er alle Menschen vor den Kopf gestoßen hat. Am Ende der Zeitreise ist Scrooge ein anderer geworden: Er beginnt Gefühle wie Zuneigung, Mitleid, Reue und Freude zu empfinden – und will mit vielen Leuten Weihnachten feiern.

Mögliche Vorbereitungen
  • Charles Dickens: Eine Weihnachtsgeschichte (Inhaltsangabe)
  • Im Anschluss: Wie stellt ihr euch Scrooge und seine Wohnung vor? Fertigt eine Zeichnung an oder beschreibt und erklärt eure Ideen.

 

Im Unterrichtsgespräch:
  • Ein Geizhals – was für ein Mensch ist das? 
  • Sollte jemand, der viel Geld hat, alles für sich behalten?
  • Was bedeutet für euch Weihnachten?
  • Wieviel bedeuten euch Geschenke?
  • Was ist wichtiger: viele Geschenke oder das Zusammensein mit der Familie?

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