Das Grindelviertel im Fokus – Der Spielplan der Hamburger Kammerspiele 2025/26

Die Leute im Grindelviertel werden sich gewundert haben. Immer wieder stand Anja Del Caro vor dem Haus Nr 7 in der Bieberstraße, und Axel Schneider interessierte sich auffällig für den Bornplatz und den Wiederaufbau der Synagoge. Die Chefdramaturgin der Hamburger Kammerspiele und der Intendant hatten gute Gründe, wie sie bei der Vorstellung des Spielplans für die Saison 2025/26 erklärten.

Foto: Thorsten Ahlf

In der Bieberstraße 7, also in unmittelbarer Nachbarschaft des Theaters, lebte der Schriftsteller Maxim Biller mit seiner Familie. Deren Geschichte unterstützt die fiktive Handlung um eine russisch-jüdische Familie in Billers jüngstem Roman „Mama Odessa“. Del Caro und Regisseur Kai Wessel erarbeiten dazu eine Textfassung für die Kammerspiele (Premiere: 25. 01. 2026). Auf der Grundlage von intensiven Gesprächen mit Daniel Sheffer, dem Gründer und Sprecher der Initiative „Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge“, hat Schneider das Stück „Nächstes Jahr Bornplatzsynagoge“ geschrieben. Angesichts von zunehmendem Antisemitismus widmet es sich der Frage: Wollen wir in Deutschland Juden in unserer Gesellschaft haben? (Premiere: 28.09.2025). Moralische Fragen behandeln auch zwei weitere Premieren: Ferdinand von Schirachs „Sie sagt. Er sagt.“ und Siegfried Lenz’ „Der Überläufer“. Schirachs Stück, 2024 bereits als TV-Produktion erfolgreich, behandelt das Thema sexualisierte Gewalt, lässt aber in einer Art Gerichtsverhandlung Nebenklägerin und Angeklagten gleichermaßen zu Wort kommen und stellt damit dem Publikum die Frage: Wem glauben wir? (Premiere: 06. 09. 2025). Als Lenz 1951 sein Stück veröffentlichen wollte, lehnte der Verlag ab. Sechs Jahre nach Kriegsende glaubte man, dann Deutschland noch nicht bereit sei, sich mit einem Deserteur und dessen Motiven zu beschäftigen. Jetzt aber kann es gezeigt werden (Premiere: 15. 03. 2026). Man darf sich aber auch amüsieren in der kommenden Saison: Vier kurze Folgen von „Der Tatortreiniger“ werden an einem Abend von vier verschiedenen Regisseur:innen inszeniert (Premiere: 01.11.2025). Eine typisch französische Komödie, bei der zwei Paare sich in luftiger Höhe in die Haare kriegen, ist „Vor dem Fall“ (Premiere: 17.06.2026), die am Broadway gefeierte Uraufführung von „Last Call“, in der es um ein Treffen zwischen den beiden Super-Egos Herbert von Karajan und Leonard Bernstein geht, soll ihren Weg nach Hamburg finden (Premiere 18.02.2026). Die von Schneider initiierten und von der Kulturbehörde geförderten Schauspielschultreffen werden die aktuelle Saison ausklingen lassen mit Produktionen des zweiten Jahrgangs und die neue mit den Abschlussproduktionen des 3. Jahrgangs einläuten. Wiederaufgenommen werden „Prima Face“, „Die Vodkagespräche“, „Je t’aime … Das spektakuläre leben des Serge Gainsbourg“ und „Die Comedian Harmonists“. Das Kinderstück von 2023 „Rico, Oskar und Die Tieferschatten“ wird ebenfalls wieder aufgenommen.  

Weitere Informationen unter: https://hamburger-kammerspiele.de/spielzeit-2025-2026/

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