Backbeat – Die Beatles in Hamburg

Der Durchbruch noch in weiter Ferne. Zu Franz-Joseph Diekens frischer Neuinszenierung im Altonaer Theater.

Foto: G2 Baraniak

Die Kritik

So richtig toll ist es für die Band nicht in Hamburg. Eher ziemlich mies. Jedenfalls am Anfang. Begeistert und voller Elan waren die fünf Jungs aufgebrochen aus Liverpool, um Hamburg, ach was: die ganze Welt zu erobern. Und dann das. Der Vertrag mit dem Clubbesitzer auf dem Kiez verlangt, dass sie spielen bis zum Umfallen. Viereinhalb Stunden unter der Woche, sechs Stunden am Wochenende vor ein paar Betrunkenen und Prostituierten. Dafür gibt es schlechte Bezahlung und Schlafplätze irgendwo in einem Kino auf der Reeperbahn. Damit sie durchhalten, spendiert die Klofrau ein paar Wachmacherpillen. Dass diese Zeit dennoch die Startrampe für die erfolgreichste und prägendste Band der Popgeschichte werden sollte, davon erzählt „Backbeat- Die Beatles in Hamburg“. Nach dem gleichnamigen Film von Iain Softley und Stephen Jeffreys hat Regisseur Franz-Joseph Dieken die Geschichte im Altonaer Theater neu inszeniert, nachdem er 2014 am selben Ort die deutsche Erstaufführung übernommen hatte.

Auf die Beatles ist Hamburg stolz wie eine Mutter auf ihr gut gelungenes Kind. Gern wird John Lennon mit dem Satz zitiert: „Wir sind in Liverpool geboren, aber in Hamburg groß geworden.“ Insofern wird die Beatles-Hamburg-Geschichte wohl bis in alle Ewigkeit erzählt werden. Und so, wie das im Altonaer Theater geschieht, ist sie nicht nur ein braves Herunterschnurren von allseits Bekanntem. Da wird zwar fröhlich einiges an Chronologischem durcheinander geworfen (George Harrison komponiert erst Jahre später „My Sweet Lord“ und auch das Plattencover von „Revolver“ entwirft Klaus Voormann noch nicht im Jahr 1960), aber egal. Die Story ist unterhaltsam und hat sogar Tiefe. Jascha Schütz (John Lennon), Armin Moallem (Paul McCartney), Emil Schuler (George Harrison) und Michael Grötzsch (Pete Best) spielen die Songs unverblümt rotzig und gerade heraus. Sie reißen das Publikum schon nach wenigen Minuten mit. Die Musik liefert, wie sollte es anders sein, die Blaupause für die sprachlich an die heutige Umgangssprache angeglichene Inszenierung. Aber sie leuchtet auch die Anfangsschwierigkeiten, die Konflikte und die Charaktere der einzelnen Mitglieder aus.

Da ist vor allem John Lennon. Der will alles unbedingt: die Band, nach Hamburg, den ganz großen Erfolg, und Jascha Schütz ist John Lennon. Überzeugend zeigt er dessen Energie, seine nur mühsam gezügelte Aggressivität und Wut, seine Intelligenz und die Arroganz, mit der er den Deutschen begegnet. Trotz allem ist er bei Schütz verletzlich. Den unerwarteten Tod seines Freundes Stuart Sutcliff tut er mit einer flapsigen Bemerkung ab, aber seine Verzweiflung darüber schimmert fortan durch. 

Miloš Milovanović spielt Stuart, den Kunststudenten und untalentierten Bassisten der frühen Beatles. Voller Energie, beinahe tänzerisch malt er auf imaginären Leinwänden, zeigt von Anfang an, dass die Kunst ihm näher liegt als die Musik, zu der John ihn überredet. Als er sich in Hamburg in die deutsche Fotografin Astrid Kirchherr (Hannah Prasse) verliebt, entscheidet er sich gegen die Band und für ein Studium an der Kunsthochschule in Hamburg.

Die Liebe zwischen Astrid und Stuart, die Anfänge und die Konflikte der Band sind die beiden Handlungsstränge von Diekens Neuinszenierung. Der Wechsel geschieht umstandslos, indem weniger Wichtiges als stummes Spiel in den Hintergrund verlagert wird. Niklas Bähnk, Alexander Klages, Markus Feustel und Mona Sumaia Rode übernehmen verschiedene Rollen und zeichnen so den Kosmos der frühen Beatles. „You have to move! Mach Schau!“, lautete damals die Ansage von Clubbetreiber Bruno Koschmider an die Band. Den Tipp haben sie beherzigt.

Nähere Informationen unter: https://www.altonaer-theater.de/programm/backbeat-die-beatles-in-hamburg/

INFORMATIONEN FÜR LEHRKRÄFTE

Inhaltliche Schwerpunkte
  • Gründung der Band und die Beziehung der einzelnen Mitglieder zueinander
  • Ausbeutung durch Clubbesitzer  
  • Konflikte durch äußere Umstände (Arbeitserlaubnis, Liebesbeziehung)
  • Durchbruch als Rockband
Formale Schwerpunkte
  • Dominanz der Musik
  • Darstellung zweier gleichzeitig ablaufender Handlungsstränge durch stummes bzw zurückgenommenes Spiel für die Hintergrundhandlung 
  • Einbeziehen des Zuschauerraums als Spielfläche
Vorschlag für Altersgruppe/Jahrgangsstufen
  • ab 16 Jahre, ab Klasse 10
  • empfohlen für den Englisch-, Musik- und Theaterunterricht
Zum Inhalt

1959 gründen in Liverpool John Lennon und Paul McCartney eine Band, McCartney holt den erst 17jährigen George Harrison dazu, Lennon den Kunststudenten Stuart Sutcliff als Bassisten. Der ist zwar herzlich untalentiert, aber Lennon hält an ihm fest. Als die Band aus vier blutjungen Jungs 1960 unter dem Namen „The Beatles“ nach Hamburg aufbricht, kommt Pete Best als Schlagzeuger  und damit Fünfter dazu. Die Arbeitsbedingungen in Hamburg sind katastrophal.  Wochentags müssen sie viereinhalb, am Wochenende sechs Stunden spielen, die Gage ist mickrig, schlafen können sie in einem Kino hinter der Leinwand. Anfangs spielen sie vor wenigen, meist zwielichtigen Gestalten aus der Hafengegend, aber allmählich werden immer mehr Leute auf sie aufmerksam. So der Künstler Klaus Voormann, der zu einem Konzert seine Freundin, die Fotografin Astrid Kirchherr, mitbringt. Stuart Sutcliff verliebt sich in sie und steigt nach anfänglichem Zögern aus der Band aus, um bei ihr in Hamburg zu bleiben und dort Kunst zu studieren. Im Mai 1962 stirbt Sutcliff an den Folgen einer Hirnblutung. Die Band macht ohne ihn zu viert weiter, Schlagzeuger Pete Best wird durch Ringo Starr ersetzt. Die Band begeistert das Publikum, es folgt ein erster Plattenvertrag und Auftritte im „Star Club“. Damit steht der Weltkarriere nichts mehr im Weg.

Mögliche VorbereitungeN

Als vorbereitende Hausaufgabe oder Referat:

  • Die Anfänge der Beatles von 1959 – 1962
  • Die Rolle des Rock’n Roll Ende der 50er/Anfang der 60er Jahre 
  • Die Musikszene in Hamburg und England Anfang der 50er/60er Jahre
  • Die Biografien der einzelnen Bandmitglieder John Lennon, Paul McCartney, George Harrison, Ringo Starr, Pete Best und Stuart Sutcliff
  • Anschauen des Films von Iain Softley und Stephen Jeffreys, um ihn hinterher mit der Inszenierung zu vergleichen
Speziell für den Theaterunterricht: 

Aus den aktuellen Szenenmaterial der Gruppe:

Aufgabe:
  • Wählt zwei Szenen aus, die gleichzeitig auf der Bühne spielen. 
  • Spielt die eine Szene als stummes Spiel im Hintergrund, die andere vorne als Szene mit Text. 
  • Wechselt dann die Szenen und besprecht die Wirkung.

Rollenwechsel über Kostüm und Haltung

Aufgabe
  • Wählt aus dem Kostümfundus oder über mitgebrachte Kostüme einzelne markante Teile aus. Probiert dazu eine entsprechende Körperhaltung, Mimik, Gestik und Gangart. 
  • Überprüft, wie ein:e Spieler:in in schnellem Wechsel verschiedene Figuren darstellen kann.