Inhale Delirium Exhale

Unglaublich, was man mit Stoffen für Bilder erzeugen kann! Mit nicht weniger als 4000 Metern Seide und Kaschmir in verschiedenen Farben und treibender, rhythmischer Musik lässt die belgische Theatermacherin und Bildende Künstlerin Miet Warlop in ihrer jüngsten Produktion„Inhale Delirium Exhale“ beim Internationalen Sommerfestival auf Kampnagel Landschaften, Kämpfe, Katastrophen und Liebevolles entstehen.  

Kampf und Spiel mit 4000m Stoff – Foto: Reinout Hiel

Die Kritik

Wer ahnt schon, was kommt. Die beiden Performer:innen, die sich zu Beginn von Miet Warlop „Inhale Delirium Exhale“ zu einem Klatschspiel à la „Bei Müllers hat’s gebrannt brannt brannt“ einander gegenüber setzen, spüren schon mal gar nichts von lauernden Gefahren. Fröhlich lassen sie ihre künstlichen Gipshände klappern und aufeinander klatschen, bis sie zerbrechen. Kaum dass sie verschwunden sind, bricht mit einem Knall Urgewaltiges aus: Von den hinteren Traversen löst sich eine Masse aus blauer Seide, bläht sich auf, wechselt die Form wie eine Gewitterwolke, nähert sich bedrohlich dem Bühnenrand, untermalt von laut knatternder Musik (in Zusammenarbeit mit DEEWEE).

4000 Meter Stoff hat Miet Warlop für ihre jüngste Produktion verwendet, die jetzt beim Sommerfestival auf Kampnagel in der k2 erstmalig in Deutschland gezeigt wird. Aufgerollt hängen sie in unterschiedlichen Farben an Traversen, werden über ein Signal losgelassen, wieder aufgerollt, entfalten sich, blähen sich, fließen ineinander, bedrohen, bieten Schutz. Die sechs Performer:innen wirken in ihrer schwarzen Kleidung wie Arbeitende. Atempausen gibt es für sie nicht. Angetrieben durch die Musik kämpfen sie mit den Stoffen, versuchen der gigantischen blauen Wolke Herr zu werden, falten sie klein. Eine gelbe Stoffbahn schwenken sie gemeinsam wie eine riesige Fahne, jetzt sind sie es, die das Material regieren. Dann wieder wickeln sie sie sich ein in orangene Bahnen, werden eins mit der Materie. Oder sie werden zu unheimlichen Gefangenen, deren Bewegungen sich hinter dunklem Stoff abzeichnen. Was das alles bedeutet? Seide steht laut Programmheft für den Kopf, Kaschmir für die Haut. Über den intensiven Einsatz beider Stoffarten werde eine Erdung beider Welten angestrebt. Ob diese Erklärung hilft, sei dahin gestellt. Viel wichtiger ist, dass dieses 60minütige Spektakel eine gigantische Bilderflut erzeugt, in der jede und jeder im Publikum seine eigene Deutung findet.

Hinweise zu weiteren Terminen und Veranstaltungen beim Internationalen Sommerfestival unter: https://kampnagel.de/reihen/internationales-sommerfestival-2025

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