Fiesta

Da hat man alles minutiös geplant, auf etwas ganz Großes, ganz Tolles hingefiebert – und dann: grätscht etwas dazwischen und macht alles zunichte. Was tun? Verzweifeln und wie gelähmt in der Ecke sitzen? Oder doch irgendwie mit dem Unvermeidlichen umgehen? Diese Idee jedenfalls verfolgt Gwendoline Soublins Stück „Fiesta“. Die SchauSpielRaum-Produktion in der Regie von Laura Brust macht daraus am Jungen Schauspielhaus eine ergreifende Feier des Lebens.

Gehen wir zur Party oder nicht? (Ensemble) – Foto: Sinje Hasheider

Die Kritik

Acht junge Menschen zwischen 10 und 15 Jahren kommen aus dem Foyer direkt auf die Bühne des Studios im Jungen Schauspielhaus gestürmt. Aufgeregt sind sie, denn sie wollen Neons 10. Geburtstag feiern. „10 Jahre sind schon cool“, stellen sie übereinstimmend fest, und Nono, der dafür eine Riesenparty geplant hat, hatte das sogar noch getoppt: „Mit Zehn wird es anders, mein Leben. Das steht fest“, hatte er gesagt. Ein neuer Abschnitt also, und der sollte nicht irgendwie, sondern richtig groß gefeiert werden. Als fette Fiesta eben. 

Die Bühne (auch verantwortlich für die Kostüme: Anja Ruschival) ist mit käfigartigen Parzellen, wie man sie häufig in Kellern von Wohnblöcken findet, umrahmt. Hier sind Möbel, Fahrräder, Spielzeug und Klamotten untergebracht, die nach und nach zum Einsatz kommen. Denn die Jugendlichen feiern tatsächlich „im Keller. Bei uns. Im Wohnblock.“  Aber soll das der Ort für die Party sein? Merkwürdig auch, dass von Nono nur in der Vergangenheit gesprochen wird und er niemals auftritt. Seine Rolle wird teilweise von allen Acht chorisch gesprochen oder gespielt, manchmal bilden sie auch nur einen Kreis und die Mitte für Nono bleibt leer. Einfühlsam hat Theaterpädagogin Laura Brust die acht jugendlichen Laienschauspieler:innen aus dem SchauSpielRaum-Programm inszeniert. Einzeln oder in Formationen erzählen sie die Geschichte von Nonos zehntem Geburtstag, wechseln Tempo und Energielevel und schaffen es, das Publikum über die knapp 60minütige Vorstellung zu fesseln.

Dass irgend etwas nicht stimmt mit Nono oder der Party, lässt von der ersten Szene an auch die Musik von Alexander Schöppl ahnen: Zart und unaufdringlich setzt sein Klavierspiel Akzente und grundiert die Szenen mit einer leisen Melancholie. 

Ein Orkan ungeahnten Ausmaßes legt das Leben lahm.

Die französische Autorin Soublin greift mit ihrem 2021 erschienenem Stück ein existenzielles Thema auf und erzählt es so, dass Kinder ab neun Jahre dessen Tiefe gut verstehen, ohne dass sie überfordert werden. Es geht bei diesem geplanten Geburtstagsfest darum, dass plötzlich ein Orkan ungeahnten Ausmaßes („Windstärke 1000!“) das Leben lahmlegt. Niemand darf mehr das Haus verlassen, Vorräte werden knapp und niemand weiß, wann diese Katastrophe enden wird. Ein Ausnahmezustand, ansatzweise vergleichbar mit der Pandemie, der Nonos Festvorbereitungen mit einem Schlag zunichte macht. Denn anders als seine acht Freund:innen, die alle in einem Block leben, wohnt er als einziger genau gegenüber. Lager unter den Acht werden deutlich: die meisten sind für die Absage des Festes, zumal Nono ja auch irgendwie komisch ist und nicht mal ordentlich rechnen und lesen kann, ein Mädchen dagegen macht sich stark für die Party und will unbedingt einen Weg finden, um mit Nono zu feiern. Nono schafft es dann heimlich zum Wohnblock der Freund:innen in den  Keller. Die nunmehr mit Marmeladenbroten und Wasser abgespeckte Party wird zu einem fröhlichen Trotzdem, zu einem starken Statement gegen die Angst und zu einer Feier des Lebens. Wie wichtig Nono dieses Fest war, erfahren die Jugendlichen knapp ein Jahr später. Nono ist an seiner schweren Krankheit, von der sie nichts wussten, gestorben. Und gerade deshalb treffen sich die acht Jugendlichen jedes Jahr wieder und feiern seinen 10. Geburtstag „im Keller. Bei uns. Im Wohnblock“ . Das treibt einem als Zuschauer:in die Tränen in die Augen und doch: diese Vorstellung macht Mut. Sie setzt auf Stärke und Kreativität und verweigert jede Art von Pessimismus – ein einziges herzerwärmendes Ja zum Leben.   

Weitere Informationen unter: https://junges.schauspielhaus.de/stuecke/fiesta

INFORMATIONEN FÜR LEHRKRÄFTE

Inhaltliche Schwerpunkte
  • Umgang mit Unerwartetem
  • Verhalten in Ausnahmesituationen
  • Bejahung des Lebens
Formale SchwerpunKte
  • Ersetzen einer Person durch chorisches Sprechen oder Kreisbildung
  • Einsatz von Formationen wie Reihen oder Pulks 
Vorschlag für Altersgruppe/Jahrgangsstufe
  • Ab neun Jahre, ab Klasse 4
  • Empfohlen für jede Art von Unterricht und für den Theaterunterricht
Zum Inhalt

Nono hat seinen 10. Geburtstag genau geplant. Ein super tolles fest soll es werden, denn „mit 10 wird es anders, mein Leben. Das steht fest“, hat er gesagt. Die Gästeliste steht, die acht Freund.innen aus dem Block gegenüber sind eingeladen und freuen sich auf die Riesenparty – und dann braut sich plötzlich ein furchtbarer Orkan zusammen. Der ist so stark, dass niemand mehr das Haus verlassen darf. Keiner weiß, wie lange er andauern wird und das bedeutet, dass auch keiner zu Nonos Party kommen darf. Die acht Jugendlichen überlegen hin und her, entscheiden sich aber schließlich mehrheitlich gegen das Fest und für die Einhaltung der offiziellen Regeln. Nur ein Mädchen ist dagegen Sie will nicht, dass der Orkan Nonos Geburtstag zunichte macht. Gerade als sie sich heimlich auf den Weg zu Nonos Wohnblock machen will, trifft sie ihre Freund:innen, die sich umentschieden haben und ebenfalls mit ihr kommen wollen. Doch das Haus müssen sie gar nicht verlassen, denn Nono selbst hat sich mit einem Rucksack zu ihnen auf den Weg gemacht, und so feiern sie im Keller seinen Geburtstag in der Spar-Version, steigern sich aber dann hinein in eine Feier für alles, was ihnen gut und wichtig erscheint. Am nächsten Morgen ist der Orkan vorbei. Knapp ein Jahr später erfahren die Jugendlichen von Nonos Mutter, dass Nono an seiner schweren Krankheit, von der die Freund:innen nichts wussten, gestorben ist. Der 10. Geburtstag war sein letzter. Ihm (und dem Leben) zu Ehren treffen sich seine freund:innen alljährlich im Keller und feiern seinen Geburtstag – immer den zehnten.

Mögliche Vorbereitungen
 Im Unterrichtsgespräch:
  • Wie würdet ihr eine riesige Geburtstagsparty feiern wollen? (Sammeln von Ideen evtl. auf Zetteln)
  • Stellt euch vor, so etwas wie Corona oder ein Unwetter würde ausbrechen. Niemand dürfte das Haus verlassen und die Party dürfte nicht stattfinden. Was würdet ihr als Gastgeber tun? Was würdet ihr als eingeladene Freund:innen tun? 
  • Wer von euch würde die Regel brechen und versuchen, mit dem Geburtstagskind zu feiern? Wer dafür ist, stellt sich an die linke Wand, wer dagegen ist, an die rechte. 
  • Überlegt in eurer Gruppe, wie er den anderen euren Standpunkt erklären könnt.
  • Wie könnte ein Kompromiss zwischen den beiden Gruppen aussehen? Wer eine Idee hat, geht einen Schritt auf die andere Gruppe zu.
Nicht nur für den Theaterunterricht

Die Lehrkraft teilt die Klasse in Gruppen zu Acht auf. Nacheinander treten die Gruppen als Reihe vor die Klasse (also diejenigen Gruppen, die gerade nicht spielen). Einzeln tritt jede Spielerin/jeder Spieler einen Schritt vor und formuliert einen Wunsch, danach tritt er zurück in die Reihe.

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