Verwöhnte Staatstheatergänger mögen vielleicht bei dem Titel abwinken. „Eine Insel mit zwei Zwergen“, die Verballhornung des Lummerland-Songs aus der Augsburger Puppenkiste, hat den Geschmack von verzweifelter Lustigkeit. Falsch gedacht. Im Theater Das Zimmer beweist Jona Manows Inszenierung der Komödie mit Musik, wie man mit wenigen Mitteln und zwei hinreißenden Schauspielern einen unterhaltsamen, wirklich komischen und sehenswerten Abend hinbekommt.
Die Kritik
Das Bühnenbild stimmt schon mal nicht. Hinter einem aus Paletten gebauten Tresen und zwei seitlich gestellten Stühlen suggeriert eine Fototapete südliche Traum-Idylle: Weiße Felsen, blaues Meer unter blauem Himmel, blühende Bäume, elegante weiße Stühle, davor eine bunte Lichterkette. Die Dekorationshinweise des Autors sehen allerdings ein „friesisches Fischerhaus“ vor. Klar, denn Rolf Kindler siedelt seine Komödie auf einer Hallig in der Nordsee an. Darüber hat sich Regisseur Jona Manow allerdings in seiner Bearbeitung hinweggesetzt wie er überhaupt recht eigenständig und zum Wohl des Abends mit der Vorlage vorgegangen ist.
Die erzählt von einem nicht mehr ganz jungen, beruflich sehr erfolgreichen Paar, kurz ER und SIE, das sich bei einem Kurzurlaub Entspannung erhofft. Das Gegenteil tritt ein, denn ER hat schlampig gebucht und statt der Insel im Süden eine Hallig erwischt. Hier gibt es weder Bars noch Restaurants und auch sonst keinen Menschen. Im Ferienhaus fehlen neben der Vermieterin entscheidende Lebensmittel, außerdem droht ein Unwetter.
„Ich hoffe, Sie haben Zeit mitgebracht. Ist ein ziemlich langes Stück.“
Wie das Paar damit umgeht, beobachtet Kindlers Original. Aber das ist Jona Manow zu einfach. Der Regisseur, der in „Hamburgs kleinstem Theater“ (so die Eigenbeschreibung vom Theater Das Zimmer) u.a. „Lysistrata“ oder „Ist Shakespeare tot“ inszeniert hat, arrangiert das Stück als Probe und schafft damit zwei verschiedene Realitäten: die des Paares auf der Hallig und die des Schauspieler-Paares, das sich das Stück aneignet. Bei letzterem kommt ihm zugute, dass es sich hier mit Sandra Kiefer und Lars Ceglecki um die Leitung des kleinen Theaters und ein Paar im wirklichen Leben handelt. Damit spielt quasi eine weitere Realität in die Inszenierung hinein, die dann auch augenzwinkernd ausgenutzt wird und für zusätzliche Komik sorgt. Ceglecki und Kiefer reagieren beide zudem auf das Publikum, sprechen es direkt an und durchbrechen damit die Ebene vom Spiel in die tatsächliche Wirklichkeit. „Ich hoffe, Sie haben Zeit mitgebracht. Ist ein ziemlich langes Stück“, erklärt SIE oder hier besser: Theaterleiterin Sandra Kiefer stirnrunzelnd den Zuschauer*innen. In sommerlich kurzen Hosen haben SIE und ER auf den Stühlen neben dem Tresen Platz genommen und beginnen den Text zu lesen und spielend zu proben, inklusive unantastbarer Regieanweisungen wie das dreimal nacheinander auftretende „Sie reicht ihm einen Morgenmantel“. Kurze Diskussion, dann zieht ER klaglos drei Bademäntel (Morgenmäntel sind gerade nicht verfügbar) übereinander. Szenen u.a. im Hollywood-Stil (SIE probiert laszive Posen, indem sie ihre Beine vom Stuhl auf den viel zu hohen Tresen legt und natürlich scheitert) werden verworfen, zumal ER gerade nicht in der Realität des Stücks, sondern in der des Paares ist und überhaupt nicht versteht, was da gerade abgeht. So kommt es immer wieder zu Kommunikationsproblemen und damit zu Situationskomik.
Kiefer und Ceglecki sind nicht nur engagierte Theaterleiter, die sich mit Herzblut und bis zur Selbstausbeutung der kleinen Bühne verschrieben haben. Sie können beide auch ausgezeichnet spielen, tanzen und singen. Letzteres verleitet das Publikum „Hey, ab in den Süden“ lautstark mitzusingen. Dafür ist das Ende der Stückvorlage vorher von Kiefer in Kurzform zusammengefasst und mit einem entschlossenen „Das spielen wir jetzt nicht“ kommentiert worden. Knapp zwei Stunden inklusive Pause gute Unterhaltung – Herz, was begehrst du mehr in diesen Zeiten?
Weitere Informationen unter: https://www.theater-das-zimmer.de/stueck/eine-insel-mit-zwei-zwergen/
INFORMATIONEN FÜR LEHRKRÄFTE
Inhaltliche Schwerpunkte
- Probe eines Stücks
- Kommunikation und Probleme eines Paares
Formale SchwerpunKte
- Ausprobieren verschiedener Möglichkeiten (Hollywood-Kitsch o.ä.) bei einer Szene
- Wechsel von Dialogen im Stück zu Alltagskommunikation
- Bühnenbild als Kontrast zu Stückinhalt
Vorschlag für Altersgruppe/Jahrgangsstufe
- ab 15 Jahre/ ab Klasse 9
- empfohlen für den Theaterunterricht und für den Klassenausflug vor und nach Weihnachten
Zum Inhalt
Die Bearbeitung von Jona Manow zeigt zwei Schauspielende auf der Probe zu „Eine Insel mit zwei Zwergen“ in Kostüm und Bühnenbild.
Das Stück selbst erzählt von einem nicht mehr ganz jungen, beruflich erfolgreichen Paar, das sich einen Kurzurlaub und damit eine Zeit zu zweit gegönnt hat. Das Problem ist nur, dass ER bei der Buchung einen Fehler gemacht und statt der Insel im Süden eine Hallig in der Nordsee erwischt hat. In dem Feriendomizil gibt es weder Bars noch Restaurants, die Lebensmittel sind ebenfalls knapp und die Vermieterin nicht auffindbar. Außerdem zieht ein Unwetter auf.
Die beiden Schauspielenden lesen Teile des Textes, spielen ihn nach, beachten und diskutieren die Regieanweisungen und vermischen ihre tatsächliche Situation mit der des Stückes.