Mal ehrlich: Wieviele schwarze Wissenschaftler:innen, Erfinder:innen oder ganz allgemein Held:innen fallen einem ein? Hm. Kein Wunder, denn in deutschen Lehrplänen werden sie bislang ignoriert. Aber dabei muss es nicht bleiben. Mit ihrer mitreißenden Produktion „K(no)w Black Heroes“ am Thalia in der Gaußstraße gibt die Theaterkünstlerin Mable Preach dringend notwendige Einblicke in schwarze Errungenschaften.

Die Kritik
Die Bühne (Dennis Stoecker) hat ein bisschen was von Raumpatrouille, der deutschen Erfolgsserie aus den 1960er Jahren: an den Rändern pyramidenartige Kegel, zwei weiße, futuristisch anmutende Sessel, im Hintergrund ein Bildschirm. Das Ganze steht auf einem erhöhten Boden, unter dem Nebel hervorquillt und Lichter blinken, sobald das Raumschiff startet. Denn um einen Flug ins All, genauer zum Planeten Keppler 160, geht es in „K(no)w Black Heroes“ im Thalia in der Gaußstraße. Essinam (Florence Adjidome alternierend mit Betty Paha) und Akos (Precious Wiesner) verlassen mit einem fröhlichen „Fuck you, Erde!“ unseren Planeten, denn dort scheinen ihnen zu viele alte weiße Männer das Sagen zu haben. Was sie mitnehmen und wie sie ihre Ankunft auf Keppler 160 gestalten wollen, davon erzählt der knapp 60minütige Abend.
Statt erhobenem Zeigefinger ansteckende Frische und Fröhlichkeit
Die vor zwei Jahren mit großem Erfolg in Hannover uraufgeführte Stückentwicklung von Mable Preach hat mit der Intendanz von Sonja Anders ihren Weg nach Hamburg gefunden. Ein Glück, möchte man sagen. Die Produktion hat es sich zur Aufgabe gemacht, endlich schwarze Errungenschaften sichtbar zu machen und über Kolonialismus nachzudenken. Und das alles ohne erhobenen Zeigefinger, ohne sauertöpfische Mienen. Statt dessen mischen die in Ghana geborene Preach und die beiden Schauspielerinnen mit ansteckender Frische und Fröhlichkeit Elemente von Quiz-Shows, Tanz und Gesang. Schwarze Kultur, die überzeugt. Wunderbar und dem Original verblüffend ähnlich gelingt es zum Beispiel Precious Wiesner, Teile aus Beyoncés „Alien Superstar“ zu singen. So erreicht der Abend ebenso wie auch durch die mit englischen Phrasen durchsetzte Sprache mühelos die Teenager-Generation.
In kunterbunten Jumpsuits und Sneakers (Kostüme:Sandra Meischein) tanzen Paha (in der Vorstellung am 25.10.) und Wiesner, simulieren Kämpfe, informieren über schwarze Held:innen: über Mary Kenner, der Erfinderin des Vorläufermodells zur Monatsbinde, oder John Lee Love, dem Erfinder des tragbaren Anspitzers. Mit dem Spiel „Ich packe meinen Koffer“ wiederholen sie das eben Erfahrene und gehen über zum nächsten Spiel, wie etwa einem Quiz, bei dem man blitzschnell auf Fragen wie diese antworten muss: Wann hast du zuletzt das N-Word gebraucht? Wieviel weiße Freund:innen hast du? Essinam und Akos erkennen, dass die Antworten gar nicht so toll ausfallen, wie sie es sich gewünscht hätten.
„grenzenlos und unverschämt“
Bleibt die Frage, was sie bei der Ankunft auf dem neuen Planeten tun werden. Auf keinen Fall den Bewohnern ihre Kultur wegnehmen und eine neue aufzwingen. Jede und jeder darf sein, was sie oder er ist. Mit einem mehrfach wiederholten, furios vorgetragenen Zitat aus dem Gedicht „grenzenlos und unverschämt“ der afro-deutschen Dichterin, Wissenschaftlerin und Aktivistin May Ayim setzen Essinam und Akos einen aufwühlenden Schlusspunkt: „Ich werde trotzdem afrikanisch sein, auch wenn ihr mich gerne deutsch haben wollt und werde trotzdem deutsch sein, auch wenn euch meine Schwärze nicht paßt.“
Das Licht geht aus, begeisterter Beifall brandet auf für diesen wichtigen, sehenswerten Abend. Er müsste zur Verpflichtung für Schulklassen werden.
Weitere Informationen unter: https://www.thalia-theater.de/de/stuecke/know-black-heroes/171
INFORMATIONEN FÜR LEHRKRÄFTE
Inhaltliche Schwerpunkte
- Sichtbarmachung schwarzer Errungenschaften
- Rassismus
- Kolonialisierung
Formale SchwerpunKte
Mischung aus Spiel, Tanz, Gesang, Show-Elementen
Vorschlag für Altersgruppe/Jahrgangsstufe
- Ab 12 Jahre, ab Klasse 6/7
- Empfohlen für den Geschichts-, Deutsch- und Theaterunterricht
Zum Inhalt
Akos und Essinam haben von der Mutter ihrer Freundin Leila nur Geschichten über weiße Held:innen gehört, nie aber eine über schwarze. Gemeinsam besteigen sie das von Akos gebaute Raumschiff, um auf dem Planeten Keppler 160 ganz neu zu beginnen. Das heißt: ein Leben ohne Rassismus und ohne diktierte Kultur gemeinsam mit den dortigen Bewohner:innen zu führen. Dafür packen sie ihre Koffer mit Informationen über schwarze Erfindungen, Errungenschaften und Held:innen im Allgemeinen.
Mögliche Vorbereitungen
Recherche zu
- Kolonialismus
- Schwarzen Erfindungen
- Schwarzen Künstler:innen
- May Ayim
Speziell für den Theaterunterricht
Vorbereitung:
Wiederholung von Raumlauf in Tempo 0 bis 5 (0 Freese, 1 Zeitlupe, 2 etwas schneller, 3 neutraler Gang, 4 eilig 5 sehr eilig, ohne zu laufen)
Erstellen einer Szene
Die Spielleitung teilt den Kurs in Gruppen a fünf Personen (max.) ein.
Aufgabe:
Erstellt mit Hilfe unterschiedlicher Tempi eine kurze Szene.
Situation: Ihr wollt mit einem Raumschiff die Erde verlassen. Dafür müsst ihr Dinge einpacken, euch entsprechend anziehen, das Raumschiff besteigen. Im All herrscht Schwerelosigkeit.
Zeigt, wie ihr die Reise vorbereitet und wie ihr euch im Raumschiff bewegt.
Die Aufgabe ist gelungen, wenn die unterschiedlichen Tempi
- klar ausgeführt und erkennbar sind
- nachvollziehbar eingesetzt werden
Präsentation und Feedback