Das Buch ist bei jungen Menschen etwas aus der Mode gekommen. Dabei kann es doch so einiges: faszinieren, erschrecken, vielleicht sogar Menschen verschlingen. Die Kraft der Literatur feiert Walter Moers’ Roman „Die Stadt der Träumenden Bücher“, Viktor Bodo hat ihn bildgewaltig im Deutschen Schauspielhaus inszeniert.

Die Kritik
Was macht denn bitte ein gutes Buch aus? Und wie wird man ein guter Schriftsteller? Diese Fragen treiben den jungen Dichter Hildegunst von Mythenmetz um, seit ihm sein Pate Danzelot von Silbendrechsler ein Manuskript vererbt hat, das perfekter als perfekt geschrieben worden ist. Hildegunst will nun unbedingt den Autor finden, um bei ihm zu lernen. Er begibt sich dafür nach Buchhaim, auch „Die Stadt der Träumenden Bücher“ genannt, wo Bücher das Leben der Einwohner bestimmen. Doch dort gibt es nicht nur liebenswerte Leser:innen, nein es gibt auch dunkle Geschäfte und böse Menschen, die sich Hildegunst und seiner Suche in den Weg stellen.
Walter Moers, erfolgreicher Comiczeichner, Illustrator und Schriftsteller, hat mit Zamonien einen ganzen Kontinent erfunden, in dem all seine Bücher spielen (u.a. auch Käpt’n Blaubär). 2004 erschien „Die Stadt der Träumenden Bücher“ als erster Teil einer Trilogie um den jungen Dichter Hildegunst von Mythenmetz. Die Bühnenfassung der Dramaturg:innen Sybille Meier, Anne Veress und Daniel Neumann hat der ungarische Regisseur Viktor Bodo am Hamburger Schauspielhaus uraufgeführt. Bodo kennt man an der Kirchenallee von Arbeiten wie „Pension zur Wandernden Nase“, „Ich, das Ungeziefer“ oder „Das Schloss“, allesamt mit einem Hang zum Skurrilen und Fantastischen.
Für das Märchenhafte, Unheimliche lässt Bodo alles auffahren, was möglich ist.
Für die Inszenierung von „Die Stadt der Träumenden Bücher“ mit ihren seltsamen Figuren und dem ernsthaften Thema scheint Bodo genau der richtige Regisseur. Für das Märchenhafte, Unheimliche der Geschichte lässt er alles auffahren, was möglich ist: Nebel, Donner, geisterhaft angestrahlte Gesichter in einem ansonsten stockdunklen Raum – dazu eine Bühne voll mit beweglichen Treppen und Bücherregalen, die gezogen, gedreht oder nach oben gezogen werden können (Bühne: Zita Schnábel). Es gibt Projektionen von Zeitungsausschnitten auf den Bühnenhintergrund oder von Traumbildern vorne auf ein durchlässiges Prospekt (Media Design: Vince Varga). Den geschäftig durch Buchhaim eilenden, manchmal auch tanzenden Figuren (Choreografie: Emese Cuhorka) fehlt teilweise der Kopf oder sie haben ihn durch eine Zeitung ersetzt, manche tragen statt Schuhen Bücherstapel an den Füßen. Unter ihnen wirkt Hildegunst von Mythenmetz (Jan-Peter Kampwirth) mit seinen Kniestrümpfen und den kurzen Hosen schon ein wenig verloren (Kostüme: Eszter Kálmán), und genau dieses Gefühl vermittelt Kampwirth. Hildegunst ist bei ihm zwar sehr zielstrebig auf der Suche nach dem Verfasser des Manuskripts, aber eigentlich ist er ein unsicherer, eher schüchterner Mensch. Gestalten wie Ute Hannigs furchteinflößender Bücherjäger Rongkong Coma machen ihm Angst, da kommt er schon eher mit Yorck Dippes merkwürdigem Literaturagenten Claudio Harfenstock zurecht („Schlechte Dichter verdienen das Geld. Ich brauche erfolgreiche Nichtskönner.“). Begleitet und angefeuert durch die live gespielte Musik (Klaus von Heydenaber) und mit einem fabelhaften Ensemble aus acht Schauspieler:innen plus sechs Tänzer:innen erzählt Bodo von Hildegunsts abenteuerlicher Suche nach dem Verfasser seines Manuskripts in der Stadt Buchhaim. Und er erzählt vom Wert der Literatur, von Kritikern und ihrer (vermeintlichen) Macht, vom Buchmarkt überhaupt und davon, was ein gutes Buch ausmacht. Ein anspruchsvolles (für Zehnjährige eventuell zu anspruchsvolles) Thema, verpackt in eine spannende, überwältigende Inszenierung.
Weitere Informationen unter: https://schauspielhaus.de/stuecke/die-stadt-der-traeumenden-buecher
INFORMATIONEN FÜR LEHRKRÄFTE
Die Theaterpädagogik des Schauspielhauses hat eine ausführliche Materialmappe mit Informationen zur Besetzung, zum Autor, zum Inhalt und zu einzelnen Figuren zusammengestellt. Dazu gibt es spezielle Ideen zur Vor- und Nachbereitung. Die Mappe kann auf der Stückseite oder unter unten stehendem Link heruntergeladen werden.
unter: https://schauspielhaus.de/sites/default/files/2025-11/Die%20Stadt%20der%20tr%C3%A4umenden%20B%C3%BCcher_Materialmappe.pdf
Formale SchwerpunKte
- Choreografien
- Musikalische Untermalung zur Steigerung von Gefühlen
- Songs
Vorschlag für Altersgruppe/Jahrgangsstufe
- ab 10/11 Jahre, ab Klasse 5/6
- empfohlen für den Deutsch- und Kunstunterricht