Bambi: Eine Expedition in den Wald

Kein Zweifel. Bei „Bambi“ denken  – Disney sei Dank – ausnahmslos alle an ein zartes Rehlein mit großen dunklen Augen und langen Wimpern, das im Wald neugierig von einem Abenteuer zum nächsten stakst. Abenteuer im Wald finden in der Produktion „Bambi: Eine Expedition in den Wald“ tatsächlich statt. Aber Bambi ist in Brigitte Dethiers Inszenierung im Jungen Schauspielhaus kein Reh.

Der Frischling (Mitte: Payam Yazdani) mit Falline (li: Christine Ochsenhofer) und Klopfer (Silvio Kretschmer) – Foto: Sinje Hasheider

Die Kritik

„Wo bleiben die denn, die Bambies?“ Der Junge, den sie später „Frischling“ nennen werden (Payam Yazdani), daddelt genervt auf seinem Handy herum, um sich die Wartezeit zu vertreiben. Seine Mutter möchte, dass er mal an die frische Luft geht und nicht immer nur im Zimmer abhängt. Deshalb hat er sich – oder vielleicht auch sie – sich an die Bambies gewandt. Die treten auch schon bald als muntere, irgendwie paramilitärisch anmutende Pfadfindergruppe auf, „Bambi“ ist nur eine Abkürzung für den sehr langen Namen ihres Bundes. In glänzenden lachsfarbenen Uniformen mit kurzen Hosen und quittegelben Gummistiefeln (Kostüme: Hanna Roxane Scherwinski) marschieren sie hintereinander, ein fröhliches Lied auf den Lippen, und dringen direkt durch die Tür in der Fototapete in das Zimmer des Jungen ein. 

Wer will, kann erkennen, dass Kinder mittels ihrer Fantasie in andere Welten aufbrechen können.

Tja, die Fototapete bzw die bunt gemalte Wald-Kulisse mit einem kleinen Reh(!). Sie wirkt wie überhaupt das gesamte Bühnenbild (Karlotta Matthies, Katrin Plötzky) zu Anfang merkwürdig spießig: Eine podestartige Bühne wird von einem grünen Vorhang mit gefälteter Schabracke und Schützenfest-Wimpelgirlande umrahmt. Vor der Wald-Kulisse steht wie im Laien-Theater ein Tisch mit zwei zusammengesuchten Stühlen und stellt das Zimmer des Jungen dar. Wenn er später mit den Bambies Abenteuer erlebt, hebt sich das Podest, wird der Vorhang zum Versteck, fallen Taue wie Schlingpflanzen vom Himmel und lassen das Zimmer zu einem Abenteuer-Spielplatz werden. Auch die Figuren bekommen aufwändige Fantasiekostüme. Das Ganze wirkt nicht immer schlüssig, doch wer will, kann darin erkennen, dass Kinder mittels ihrer Fantasie in andere Welten aufbrechen und das Kinderzimmer hinter sich lassen können.

Was ist das für ein Wesen (Christine Ochsenhofer)? – Foto: Sinje Hasheider

Frischling muss erleben, wie man die Angst besiegt.

„Bambi: Eine Expedition in den Ewald“ ist eine Stückentwicklung von Brigitte Dethier, Dramaturg Till Wiebel und dem vierköpfigen Ensemble. Ausgangspunkt ist die Situation des Rehs, das im Wald Naturschauspiele entdeckt und durch Abenteuer heranreift. Wie bereits bei „Nimmerland“ erzählt das Team eine eigene Geschichte und verknüpft sie mit biografischen Erzählungen, was eine Identifikation bei dem jungen Publikum erleichtert. Da ist vor allem der Junge, der es hasst, rausgeschickt zu werden, zumal er dann dauernd Vogelscheiße abbekommt. Yazdani zeigt ihn als echten Stubenhocker, der gar keine Lust auf die kernige Pfadfindertruppe hat. Die besteht aus der resoluten Anführerin Falline (Christine Ochsenhofer), ihrem ständig überforderten Stellvertreter Klopfer (Silvio Kretschmer) und dem friedfertigen Blume (Parsa Yaghoubi Pour). Nach dem mühsamen Versuch, den Neuen, genannt „Frischling“, über das Lied „Im Frühtau zu Berge“ zu integrieren, geht es los in den Wald. Dort muss der Frischling erleben, wie es ist, wenn man Angst hat und wie man sie besiegt oder mit ihr umgehen kann, wenn man sich ihr stellt. Er lernt mutiger zu werden, die Natur zu schätzen und vor allem den Wert der Gemeinschaft zu erkennen. Am Ende darf er Mitglied der Bambies werden und bekommt den Namen „Falke“.

Eine liebevoll erzählte, wenn auch mit gut 80 Minuten etwas zu lange Geschichte ist diese Produktion. Unnötig erscheinen englischsprachige Songs wie „Stand By Me“, die den Inhalt verstärken sollen, aber von einem Publikum zwischen sechs und zehn Jahren nicht verstanden werden, in ihrer Funktion jedoch erkannt und verstanden werden wollen (Eine Mutter versuchte sich deshalb in der Premiere als Simultanübersetzerin für ihren Sohn). 

Vielleicht sollte man deren Einsatz noch einmal überdenken. Aber das sind Kleinigkeiten, denn Bambies Expedition bietet neben der Unterhaltung auch jede Menge Gesprächsstoff für zu Hause.

Weitere Informationen unter: https://junges.schauspielhaus.de/stuecke/bambi-eine-expedition-den-wald

INFORMATIONEN FÜR LEHRKRÄFTE

Inhaltliche Schwerpunkte
  • Erkennen der Angst
  • Besiegen der Angst
  • Stärke in der Gemeinschaft
  • Respekt vor der Natur
Formale SchwerpunKte
  • Übergang von Realismus zu Fantasie (Bühnenbild, Kostüme)
  • Bildung von Formationen
Vorschlag für Altersgruppe/Jahrgangsstufe
  • Ab 6 Jahre, ab Klasse 1
  • Empfohlen für den Unterricht in der Grundschule
Zum Inhalt

Der Junge wartet in seinem Zimmer auf die Bambies. Das ist eine Pfadfindertruppe, für die ihn offenbar seine Mutter angemeldet hat, denn sie will, dass ihr Sohn nicht immer nur zu Hause am Handy und an der Playstation sitzt, sondern öfter an die frische Luft geht. Als die Bambies eintreffen, ist der Junge zunächst noch skeptisch, zumal er ihr Lied „Im Frühtau zu Berge“ nicht richtig mitsingen kann. Dennoch darf er mitmachen. Er bekommt eine Pfadfinderuniform und den Namen „Frischling“, dann geht es gemeinsam los in den Wald. Bald aber ist die Anführerin Falline verschwunden und Klopfer, Blume und Frischling müssen sich auf die Suche machen. Während Klopfer und Blume beherzt die verabredeten 100 Schritte nach Westen und Osten (so war es verabredet) gehen, verkriecht sich Frischling, der nach Norden gehen sollte, unter einem Baum. Später, als die anderen ihn entdecken, gibt er zu, dass er Angst hatte – und schon ist er zu ganz anderen Taten in der Lage. Die Drei erleben im Wald Naturschauspiele und Abenteuer, bis sie endlich Falline wiederfinden. Frischling ist begeistert von diesen Erlebnissen und wird auf seine Bitte hin tatsächlich von den Bambies als neues Mitglied aufgenommen. Er hat erkannt, dass man zusammen viel mehr erleben und meistern kann, dass man die Angst besiegen kann und dass der Wald spannender ist als die Playstation.  

Mögliche Vorbereitungen
Traumreise

Alle Kinder schließen die Augen und liegen am besten ausgestreckt und bequem auf dem Boden. Die Lehrkraft erzählt Folgendes – nach jedem Satz sollte sie eine kurze Pause machen, damit sich die Kinder in die jeweilige Situation einfühlen können.

Du legst, oder setzt dich bequem hin, schließt die Augen und atmest langsam ein …. und wieder aus (ungefähr viermal).

Stell dir vor: Du liegst auf einer grünen Wiese, um dich herum blühen viele Blumen. Du richtest dich langsam auf und gehst über das Gras. Spüre, wie es sich unter deinen Füßen anfühlt. Du gelangst an einen Wald. Den musst du durchqueren, um wieder nach Hause zu kommen. Dort im Wald ist es dunkler als auf der Wiese. Du hörst Vogelstimmen. Du siehst ein Reh, dann einen Hasen. Du gehst weiter. Plötzlich steht vor dir ein riesiger Baum. Er versperrt dir den Weg und du musst irgendwie an ihm vorbei. Seine Zweige reichen bis auf die Erde. Die Zweige bewegen sich wie Schlangen. Du hast Angst, dass sie dich greifen können. Was tust du? Du willst nicht gerne als Feiglinge dastehen. Da siehst du hinter dir ein paar deiner Freund:innen. Sie sind die in den Wald gekommen. Als du sie ansiehst, erkennst du, dass sie sich auch vor den Schlangen-Zweigen fürchten. Du gibst zu, dass du Angst hast und die anderen auch. Gemeinsam überlegt ihr, wie ihr an dem Baum vorbei kommen könnt. 

Langsam öffnest du die Augen und siehst dich um. Besprich mit deinem Sitznachbarn/deiner Sitznachbarin, wie ihr an dem Baum vorbeikommen könnt.

Die Lösungen könnten dann im Plenum besprochen werden.

 

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