Miss Daisy und ihr Chauffeur

Rassentrennung und Rassismus würde man gerne unter historisch verbuchen. In der großartig besetzten und sensiblen Inszenierung von Frank Matthus an der Komödie Winterthurer Fährhaus wirkt Alfred Uhrys „Miss Daisy und ihr Chauffeur“ erschreckend aktuell.

Eine weiße jüdische Lady und ein schwarzer Chauffeur – Foto: Dietrich Dettmann

Eigentlich hätte mit dem begeisterten Applaus am Ende von „Miss Daisy und ihr Chauffeur“ Schluss sein müssen. So ist das ja normalerweise. Doch bei der Premiere in der Komödie Winterhuder Fährhaus ergreift Schauspieler Ron Williams das Mikro und holt zu einer flammenden Kurz-Rede gegen den „Unmenschen“ im Weißen Haus aus und erzählt, wie er selbst als Afro-Amerikaner Rassismus erlebt hat. Sein abschließend gesungenes „Georgia On My Mind“ von Ray Charles treibt dem mittlerweile geschlossen stehenden Publikum die Tränen in die Augen. Denn Williams ist authentisch, die Situation in Amerika geht ihn etwas an. Das spürt man auch in seiner einfühlsamen Darstellung des Hoke Coleburn, dem Chauffeur der alternden, reichen und starrsinnigen Jüdin Miss Daisy, deren spürbare Veränderung Doris Kunstmann ganz zart und differenziert zeigt. Alfred Uhrys Stück (die Filmversion von 1989 gewann vier Oscars) spielt in der Zeit von 1948 bis 1973 in Atlanta/Georgia, beginnt also in einer Zeit, in der Rassentrennung alltäglich und Rassismus selbstverständlich war. Ein Umdenken – auch bei Miss Daisy- geschah erst mit der Bürgerrechtsbewegung und Figuren wie Martin Luther King. In einer eindrucksvollen Szene schneidet Regisseur Frank Matthus dessen berühmte „I have a dream“-Rede gegen Video-Aufnahmen mit Ku-Klux-Clan-Aufmärschen, dazu singt Williams als Hoke beiläufig beim Putzen ein zu Lied „Freedom“. Es ist bemerkenswert, wie es dieser fabelhaft besetzten (auch mit Hans Machowiak als genervten, aber fürsorglichen Sohn von Miss Daisy) Inszenierung gelingt, die Komik im verbalen Schlagabtausch zwischen Miss Daisy und Hoke mit dem ernsten Thema Rassismus zu verknüpfen, ohne belehrend zu wirken. Ein unbedingt sehenswerter Abend!  

Weitere Informationen unter: https://www.komoedie-hamburg.de/veranstaltung/miss-daisy-und-ihr-chauffeur/?

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