Mit Terroristen macht man keine Geschäfte. Weder die US-Regierung noch die Bank des entführten Investmentbankers Nick Bright ist bereit, mit den Islamisten über ein Lösegeld zu verhandeln. Was also tun? Ayad Akthar hat in seinem Stück „The Invisble Hand“ eine ungewöhnliche Lösung parat. Zu Clifford Deans spannender Inszenierung am Hamburger English Theatre.

Die Kritik
Der Raum ist alles andere als gemütlich: Ein hartes Bett, zwei Stühle mit Tisch, vergitterte Fenster, von den Wänden bröckelt der Putz (Bühne: Mathias Wardeck). Hier wird der Investmentbanker Nick Bright (Lee White) von einer islamistischen Entführergruppe gefangen gehalten, und seine Situation ist verzweifelt. Denn da der islamistische Führer als Terrorist gilt, will die Bank – und die US-Regierung schon gar nicht – die geforderten 10 Millionen Dollar zahlen.
Man muss sich nicht im Börsenwesen auskennen, um Clifford Deans großartig besetzte und bis in die letzte Minute packende Inszenierung zu verstehen. Zwar sind es gerade Börsengeschäfte, mit denen Nick seine Haut zu retten versucht und die er den Entführern Bashir (Ismail Khan) und dem Imam Saleem (Rohit Gokani) erklärt, aber man kann sich auch so von der stringent und pointiert erzählten Handlung fesseln lassen (was für ein Begriff in diesem Zusammenhang!). Nick hat nämlich die Idee, selbst das notwendige Geld zu beschaffen, indem er seine Expertise als Investmentbanker nutzt. Ist das geglückt, verspricht er den Entführern zu zeigen, wie sie selbst Profite auf dem Kapitalmarkt erzielen können.
Nicht Religion, sondern Geld sei das Opium fürs Volk, heißt es einmal.
Lee White sieht man an, wie Nicks Gehirn angesichts der Todesdrohung rattert. Kurz vorher hatte er noch mit dem zurückhaltenden Aufseher Dar (Aliyaan Asif) locker über Privates geplaudert und sich auch nicht von dessen umgeschnallter Kalaschnikow beeindrucken lassen. Als aber keine Verhandlungen mehr möglich sind und Bashir ihm ausmalt, wie sie Feinde des Islam töten, beginnt er fahrig zu werden und sprudelt dann seinen Vorschlag mit den Börsengeschäften hervor. Ismail Khans Bashir, ein überzeugter Islamist und Amerika-Hasser, horcht auf und wird mit Erlaubnis des Imam Saleem zu Nicks willigem Schüler. Mit glänzenden Augen sitzt er am Laptop und führt Nicks Anordnungen aus, nicht ohne zu bemerken, dass er nicht dessen Sklave sei. Das Fieber des Geldmachens hat ihn erwischt. Nicht Religion, heißt es einmal, sondern Geld sei das Opium fürs Volk. Rohit Gokanis Imam Saleem geht es nicht anders. Mit gefalteten Händen oder weit geöffneten Armen, den Kopf schief gelegt und ein freundliches, aber undurchdringliches Lächeln auf den Lippen gibt er sich als der großherzige Mann Allahs. In dem Moment aber, als auch ihn die Geldgier packt und die Geschäfte nicht in seinem Sinne laufen, wird er zu einem brutalen, eiskalten Despoten. Er lässt Nick fesseln, zwingt ihn auf die Knie und beauftragt Dar, ihn zu erschießen. Ein Fake, wie sich herausstellt, der aber Nick zu einem Fluchtversuch verleitet, der jedoch schiefgeht. Im zweiten Teil nach der Pause ist er nur noch ein zerkratztes, verwundetes Häufchen Elend, das auf sein Ende wartet. Das allerdings sieht ganz anders aus als erwartet.
Der titelgebende Ausdruck des Stücks „The Invisible Hand“ stammt vom schottischen Ökonomen Adam Smith. Persönliche Interessen und Egoismus leiteten seiner Meinung nach als unsichtbare Hand die Arbeit in der Wirtschaft. Eine These, die Akthar eindrucksvoll in seinem Zwei-Akter überzeichnet und die von Dean überzeugend inszeniert und von dem vierköpfigen Ensemble fantastisch gespielt wird. Der Abend ist allerdings nichts für schwache Nerven. Alle anderen sollten ihn sich dringend ansehen.
Weitere Informationen unter: https://englishtheatre-shop.comfortticket.de/en/produktion/68d09432-18e1-40a9-ba29-124cd4f241b4/126
INFORMATIONEN FÜR LEHRKRÄFTE
Inhaltliche Schwerpunkte
- Verknüpfung zwischen internationalem Terrorismus und Kapital
- Egoismus als Motor für wirtschaftliche Aktivitäten
- Geld als „Opium fürs Volk“
Formale SchwerpunKte
- Filmische Realismus im Spiel
- Kurze Blacks zwischen einzelnen Szenen
Vorschlag für Altersgruppe/Jahrgangsstufe
Ab 16 Jahre, ab Klasse 11
Empfohlen für Englischunterricht, eventuell für den bilingualen PGW- Unterricht
Zum Inhalt
Der Investmentbanker Nick Bright ist von einer islamistischen Gruppe entführt worden und wird irgendwo in Pakistan gefangen gehalten. Seine Freilassung hängt von der Zahlung eines Lösegelds in Höhe von 10 Millionen Dollar ab. Da aber der islamistische Führer als Terrorist eingestuft ist weder Nicks Bank noch die Us-Regierung zu Verhandlungen bereit. Angesichts seines drohenden Todes überzeugt Nick die Entführer, selbst das Geld mit seiner Expertise als Banke zu besorgen. Im Nachgang will er der Gruppe zeigen, wie sie selbst Profite über den freien Kapitalmarkt erzielen können. Seine Situation wird jedoch in dem Moment gefährlich, als sich unter den Entführern Geldgier breit macht und Machtkämpfe innerhalb der Terrorgruppe auslöst. Es kommt zu unerwarteten Wendungen und einem Ende für Nick, an das er nie gedacht hat.
Mögliche Vorbereitungen
Weitere Möglichkeiten zur Vorbereitung in englischer Sprache finden sich im Media & Study Guide unter:https://eth-hamburg.de/press-media/